Paraguay 2021

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Trotz weltweiter Covid-Pandemie sind wir in Paraguay

ein Mobiltelefon mit geöffnetem QR-Code liegt auf einem ausgedruckten ähnlichen Dokument
Übersichtlich ist nun wirklich anders
Freitag, 10.12. In der absoluten Gewissheit alle für die Reise nötigen Dokumente in ausgedruckter oder elektronischer Form zu besitzen besteigen wir um 15:09 Uhr den ICE nach Frankfurt/Flughafen. Mit bis zu 296 Km/h ist die Fahrt schnell erledigt, da lohnt es sich nicht nach Sitzplätzen zu suchen.
Wir fliegen dieses mal erstmalig mit AirEuropa, zuerst nach Madrid und dann nonstop nach Asunción.
In der Warteschlange des Check-In im Terminal 2 des Flughafens fällt bald ein kleines Männchen auf, welches einen Dienstausweis angeheftet hat und die Reisenden einen nach dem anderen befragt und sich Dokumente zeigen lässt. Als der Abstand zwischen ihm und mir nur noch wenige Meter beträgt kann ich einige Wortfetzen erhaschen:
"Wenn Sie keine Anmeldung beim spanischen Gesundheitsamt vorweisen können, ist die Reise für Sie hier beendet, verlassen Sie die Warteschlange."
Nun ja, Passagiere, die nach Spanien einreisen wollen müssen sich natürlich vorab online registrieren, das ist bekannt.
Für Passagiere im Transit gilt das jedoch nicht.
Das war vor 48 Stunden Stand der Dinge und auch die AirEuropa-Homepage sowie deren Telefonhotline hielten die gleichlautende Auskunft bereit. Wenn sich in den letzten Stunden daran etwas geändert hätte, so erwartete ich eine Kontaktaufnahme im ureigensten Interesse der Airline.
Das gehört sich so, zumal bei einem in dieser Höhe seit 28 Jahren noch nie gezahlten Ticketpreis.
Was ich sagen will: AirEuropa als Fluggesellschaft kann man sich durchaus mal merken.
Das kleine Männchen ist nun bei uns:
"Nein, die Onlineanmeldung für Paraguay interessiert mich nicht, die werden Sie gleich am Schalter vorzeigen. Zeigen Sie mir die spanischen Dokumente."
Mercedes erklärt im unsere Lage und die offizielle Verlautbarung der Fluggesellschaft. Das beeindruckt in offensichtlich etwas, denn er schickt uns immerhin nicht wie die 2 Leute etwas vor uns in der Schlange nach Hause sondern gibt den Hinweis, dass und wie wir die Anträge hier sofort über das Mobiltelefon stellen können.
Das alles funktioniert jedoch nicht richtig, nach einer halben Stunde kommen wir mit Hilfe eines anderen Reisenden langsam weiter, aber auch dann stellt sich kein Erfolg ein.
Mein Adrenalinspiegel überschreitet einen Grenzwert als er uns die augenscheinlich erforderlichen Papiere anderer Reisenden vor die Nase hält:
"Sehen Sie, das hier brauchen Sie, auch als im Transit Reisende."

"Mir ist völlig egal, im Besitz welcher Papiere fremde Personen sind, wir halten uns an alle vor 48 Stunden geltenden Bestimmungen, ich kann nicht bis zum Anlassen der Triebwerke auf jede Regeländerung reagieren"

Wir haben in den folgenden knapp 2 Stunden diese Formulare irgendwie online ausgefüllt, unser "Freund" der Luftfahrtgesellschaft ist uns später noch einmal kurz begegnet und wünschte eine gute Reise. Weder er noch irgendwer anderes wollte irgendwo dann im weiteren Verlauf der Reise weder dieses noch andere Dokumente verifizieren. Was machen Personen ohne Smartphone oder ohne eine Begleitung mit Smartphone?
Tja, die fallen hinten runter.

Tss, tsss, tssss

Der Flug beginnt mit 45 Minuten Verpätung weit nach Mitternacht, kein erklärendes Wort der Besatzung dazu.
Für unsere Fluglinie scheint das Wort Service übrigens besonders klein geschrieben zu werden. Ich bin z.B. noch nie ohne ein Frühstück über den Atlantik geflogen. Kaffee hätte ich immerhin kaufen können aber als langjähriger Kaffeeverweigerer hatte ich mich vorsichtshalber in Madrid schon mit ausreichend Trinkwasser eingedeckt.
Ich merke mir den Namen dieser Airline auf jeden Fall.

durch ein Flugzeugfenster scheint eine blaue Sonne während des Sonnenaufgangs
In 40.000 Fuß Höhe erscheint der Sonnenaufgang am 11.12.2021 in Blau
Freitag, 10.12. Als ich gegen 6:00 Uhr mal wieder wach werde macht sich durch die linke Fensterreihe ein blauer Sonnenaufgang bemerkbar. Ein seltenes noch nie beobachtetes Phänomen denke ich und fange an zu grübeln. Mmmh, für einen Betrachter am Boden erscheint die dicht über dem Horizont stehende Sonne wegen Brechung und Beugung an z.B. Staubteilchen in der Atmosphäre immer gelb. Hier sehe ich nun die Komplementärfarbe, die in die Höhe gestreut wird und die ist Blau. Das sollte ja dann in ein paar Minuten nach Weiß übergehen, wenn die Sonne weiter gestiegen ist.
Zwei Stunden später leuchtet die Sonne immer noch blau durch die Fenster, nur an den wenigen Fenstern der Notausgänge erscheint strahlendes Weiß. Das kann nicht sein und als mir unter jedem Fenster ein Einstellelement auffällt vermute ich elektronisch abdunkelbare Scheiben. Kurz vor der Landung dann folgende Durchsage, welche dies bestätigt:
"Bitte stellen Sie die Rückenlehnen in eine aufrechte Position, klappen Sie die Tische vor sich nach oben und stellen Sie die Fenster auf maximale Transparenz."
Moderne Zeiten.

Wenn die Behörden es wirklich ernst meinten mit der Pandemiebekämpfung, müssten alle Flugreisen weltweit sofort eingestellt werden.
Außer uns beiden beachtet auf den Flugplätzen und in den Flugzeugen weder in Europa noch in Paraguay jemand wenigstens Abstandregeln!
Das Flughafengebäude in Asunción ist randvoll mit Besuchern, die, teils ohne Maske, irgendwelche Leute begrüßen wollen. Ich halte die Luft an und bahne mir einen Weg durch Luftballons, Plakate, Spruchbänder und die riesige Menschentraube. Der evolutionäre Entwicklungsschritt vom Homo Erectus zum Homo Sapiens Sapiens steht in den Biologiebüchern, hat in Wirklichkeit jedoch scheinbar nicht überall stattgefunden.
Unfassbar, Einstein hatte recht.
Bei derartigen cognitiven Möglichkeiten vieler Mitbewohner dieses Planeten wünsche ich unserer neuen Bundesregierung echt Kraft und Durchhaltevermögen und uns allen viel Glück.

Mann und Frau sitzen im Sofa vor einer geschmückten Zimmerwand, "Willkommen"
Ceci hat was für uns vorbereitet
Samstag, 11.12. Schön warm ist es, 28°C morgens um 8 Uhr.
Das Kofferauspacken ist immer wieder interessant.
Ist etwas kaputt gegangen?
Hast du wirklich an alles gedacht?
Das Teil hier ist doch völlig überflüssig!
Oh, das hast du beim hecktischen Packen in der falschen Ausführung erwischt!
Wenn ich die Dinge meiner Frau aus dem Koffer entnehme, wieviel eigene Sachen bleiben dann noch?
Und hätte das alles nicht auch in eine kleine Tüte gepasst?
Nein, dieses mal wirklich nicht!
Was haben wir denn da:
Thomy Majonaise, Knoblauchwurst, Gabelspaghetti, geriebene Mandeln, Pistazienkerne, Modellhubschrauber, Labornetzteil, 2 Laptops, elektronische Grundausstattung zum Controller programmieren, zum Basteln, diverse Ersatzteile und noch vieles mehr.
Jetzt entspanne ich zunächst mal zwei Stündchen und sehe mir den Deckenventilator im Liegen an. Anschließend langsam mal die Lage peilen.

Foto: Internet
junge Frau im Glitzerkleid auf der Bühne
Zweite bei der Wahl zu Miss Universe 2021
Sonntag, 12.12. Heute Abend ist ein großes Derby angesagt: die Fußballclubs Olimpia und Cerro Porteño spielen gegeneinander. Es geht um nicht weniger als um den Supercopa.
Logo des Clubs Olimpia Logo des Cerro Porteño
Ich schlendere mit Mercedes durch die Straßen zum Supermarkt. Die Nachbarschaft sitz in ihren Vorgärten, grüßt freundlich und hier und da trägt eine Rauchwolke den Duft eines Sonntagsbratens vom Grill bis auf die Straße.
Überraschung: Die Hygienemaßnahmen im Supermarkt übertreffen die in Deutschland bei weitem! Und alle benehmen sich vorbildlich. Vielleicht sind hier doch etliche Homo Sapiens unterwegs.
Bei dieser Gelegenheit aktualisiere ich die Preistabelle mit den ersten Daten.
Das Wetter erlaubt keinen Modellflug und so verbringe ich den Nachmittag mit der Revision der Funkuhr und dem Plaudern mit dem mittlerweile 14-jährigen Mathias über die Grundstücksgrenze hinweg. Am frühen Abend finden sich alle im Wohnzimmer zusammen und beten für die seit unserem letzten Aufenthalt 3 verstorbenen engsten Familienmitglieder.
Olimpia schlägt Cerro Porteño 3:0. Roque Santa Cruz schießt das 1:0, wird dann ausgewechselt und verkündet nach der Partie das Ende seiner aktiven Laufbahn. Die Olimpia-Spieler Cáceres und Duarte, heute ohne Treffer, werden dem Fußballfan sicher noch aus Länderspielen, leider nur wenige gegen Deutschland, bekannt sein. Auf der Seite von Cerro Porteño sind das Namen wie, Muñoz, Valdez, Espinola und Morales.
Zur zweitschönsten Frau des Universums wird in Israel gerade Nadia Ferreira aus Paraguay gewählt.
Gute Nacht.

6 Hühner stehen auf den Stangen ihres Nachtlagers im Stall
Die Hühnchen gehen täglich gegen 16 Uhr zu Bett
Montag, 13.12. Weiß nicht mehr genau, was heute alles war.
Aaah doch, Roque Santa Cruz erklärt seinen Rücktritt vom gestrigen Rücktritt und Valdez verkündet den seinen wirklich. Ich habe mein kleines Elektroniklabor im Garten aufgebaut. Ein großer Tisch im Schatten scheint dafür genau richtig. Hier gibt es eine Steckdose, in die ein Schukostecker (das, was wir in Europa haben) passt. Hier kann ich meine 3-fach Steckdosenleiste einstecken und muss nicht mit einem halben dutzend Adaptern jonglieren.
Der Lötkolben ist heiß und die ersten Lötstellen gesetzt, da fängt es an den Waden an zu jucken. Ich muss nur noch eben diese 2 Leitungen miteinander verbinden als es doch zunehmend sehr unangenehem wird: Beim Blick zu meinen Füßen herunter erschrecke ich ein wenig. Meine eigenen Füße sind durch eine dunkle Wolke von Mücken gerade noch zu erkennen.
Alles abschalten und bloß schnell weg hier.
Ich muss wohl doch im Haus weiterarbeiten.

Dienstag, 14.12. Habe immer noch Jetlag (4 Stunden zu Deutschland) und sitze seit 8 Uhr morgens an der Programmierung einer Quarzuhr mit DCF77-Zeitzeichenausgang.
Um eventueller Langeweile aus dem Weg gehen zu können bin ich technisch entsprechend ausgestattet hierher gekommen. Empfang des Zeitzeichens aus Deutschland hatte ich bisher leider nicht, trotz eines hochwertigen Empfängers. Es rauscht nur im Äther. Durch die ganzen Leuchtstoffröhren und Schaltnetzteile ist der Störnebel allerdings auch groß. Ich bin hier in der Stadt. Auf dem Land sähe das vielleicht besser aus.

ein vollschlanker Mann mit wenig Kopfhaar trinkt Bier aus einem klkeinen Krug
nach getaner Arbeit und im Urlaub darf man sich auch mal was gönnen
Mittwoch, 15.12. Die Uhr läuft jetzt und kann jetzt als Signalquelle für die andere Funkuhr dienen, deren Software noch einige Verbesserungen erfahren soll. Aber eigentlich ist das eine Aufgabe für Deutschland.
Die Temperatur beträgt Tag und Nacht um die 30°C bei etwa 80% Luftfeuchte. Handtücher die zum Trocknen draußen hängen sind nach über einen Tag immer noch feucht.
Habe gerade die Preise für Bier und Zigaretten für die Liste im Kiosk um die Ecke "recherchiert".
Beim Gespräch mit meinem Neffen Fernando kam das Thema auf typisch deutsche Gerichte. Ich werde mich mit meiner Frau mal besprechen, ob ich für Heiligabend einen Sauerbraten zaubern darf. Wenn das den übrigen Familienmitgliedern nicht schmeckt, muss es allerdings eine Fallback-Lösung geben! Für Freitag ist Nudelsalat angesagt, beim Wort "Gewürzgurken" wird die eine oder andere Person hier jedoch schon leicht unruhig.
Lies dazu auch gerne hier nochmal nach.
Bis dann.

Weintrauben hägen von einem Blätterdach hinab, im Hintergrund eine weie Steinsäule
die Trauben müssen dringend geerntet werden
Donnerstag, 16.12. Um den Preis für die Kilowattstunde Strom zu aktualisieren frage ich nach einer aktuellen Stromrechnung.
Dabei erfahre ich, dass während des hiesigen Lockdowns von März bis Dezember 2020 anlässlich der Covid 19-Pandemie während 3 Monate der Strom kostenlos an Privathaushalte abgegeben wurde. Das Land kann sich das erlauben, betreibt es doch paritätisch mit Brasilien das zweitgrößte Wasserkraftwerk der Erde.
10 brasilianische Turbinen-Generatorsätze stellen dort bis zu 7.000 GW Leistung bei 60 Hz bereit.
Weitere 10 Generatoren auf paraguayischer Seite erbringen nochmal die gleiche Leistung, arbeiten aber mit 50 Hz.
Zusätzlich zu seinem selbst erzeugtem Strom nutzt Brasilien auch den meisten von Paraguay erzeugten Strom und bezahlt nun auch endlich dafür an Paraguay.
Der Strom wird mittels HGÜ nach Foz de Iguazú und São Paulo transportiert und dort in das 60Hz-Netz Brasiliens eingespeist.
Seit Inbetriebnahme des Kraftwerkes Itaipú 1984 verweigerte Brasilien jegliche Bezahlung mit dem Hinweis auf Reparationsleistungen für den verlorenen Krieg.
Paraguay befand sich von 1864 bis 1870 im Guerra de la Triple Alianza.
Die Lektüres dieses Wiki-Artikels (hier auch ausführlich aber auf Spanisch) ist empfehlenswert auch um das heutige Verhältnis der Paraguayer zu den 3 beteiligten Staaten verstehen zu können.
Daß Brasilien nach über 110 Jahren immer noch auf Reparationsleistungen bestand spricht für sich.
In der Zeitung lese ich, dass es Überlegungen gibt eine Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge im Land zu errichten.
In der Hauptstadtregion sollen schon bald 100 Elektrobusse eingesetzt werden.

eine groe Krouml;te sitz in einer wassergefuuml;llten Schüssel
die Trinkschale der Katze eignet sich vorzüglich zum baden
Freitag, 17.12. In Paruagay gibt es Krankenversicherungen jedoch bezahlt die nur wer dies möchte und es sich leisten kann. Alle Nichtversicherten sind beim Arzt Barzahler. So etwas wie eine Arbeitsagentur gibt es nicht und damit auch keine damit verbundenen Leistungen wie Arbeitslosengeld oder ähnliches.
Für Kurzarbeit gibt es im Spanischen nicht mal ein Wort! Damit waren hier im Lockdown die Menschen vor Probleme gestellt, die wir Deutschen nur entfernt erahnen können.
Für Arbeitslose hat die Krankenkasse allerdingss während des Lockdown den staatlichen Mindestlohn von 320 US$ (Stand 2021) ausgezahlt.
Im übrigen ist fast 3 Jahre nach dieser Frage die defekte Klimaanlage immer noch in der Wand des Schlafzimmers drin. Es ist gar keine Vorarbeit geleistet, um ein neues Gerät anzuschließen.
Ich bleibe entspannt.
Fest vorgenommen ist noch die Beschaffung einiger Geschenke für deutsche Freunde. Das gestaltet sich wegen der Extravagaz leider nicht ganz so einfach. Vielleich komme ich morgen den entscheidenden Schritt weiter. Ihr dürft gespannt bleiben.
Der Modellhubschrauber hat heute einen Auftritt: als Gebläse facht er die Kohle auf dem Grill in wenigen Minuten an. Bei Hamburgern und Nudelsalat klingt der Tag mit zwei Fläschchen Bier aus, auch eine beachtliche Kröte beendet ihren Tag mit einem erfrischenden Bad.
Nachtrag:Die Kröte sucht jeden Abend diese Trinkschale zum baden auf. Smilie

Samstag, 18.12. Eben bin ich mit dem Auto aus Asunción zurückgekommen, wo wir auf der Suche nach Leuchten den Markt Nummer 4 abgesucht haben. Da ich fast der Einzige bin, der sich an das Rechtsfahrgebot hält kommen wir auf der nahezu freien Spur schnell voran.
"Die rechte Spur ist nur für Busse und Lastwagen!"
"Ach, die scheinen das garnicht zu wissen denn die benutzen lustig auch die mittlere und linke Spur, dann darf ich mich ja wohl wenigstens an das Rechtsfahrgebot halten!" (Anmerkung: die Rechte Spur ist eine normale, manchmal sehr holprige, Fahrspur und ebensowenig ausschließlich für LKW und Busse, wie sie das in Deutschland ist)
Ich habe drei Frauen im Wagen, die mir den Rückweg ansagen sollen. Dazwischen quakt auch noch eine Navi-Stimme aus dem Smartphone. Das könnte uns eigentlich sicher nach Hause führen, ja wenn man sich denn einig wäre!
Freudig nehme ich zur Kenntnis, dass viele Verkehrsteilnehmer den Blinker benutzen.
Unklar bleibt einzig, warum sie das tun. Ein Zusammenhang zwischen Blinker und Fahrweise ist meist nicht zu erkennen, oft sogar gegensätzlich.

Sonntag, 19.12. Die Quecksilbersäule pendelt sich ab 14 Uhr auf 39°C ein.
Irgendjemand im Auto murmelt etwas von Alarmstufe Rot. Man erwarte den heißesten Sommer in Südamerika seit der Wetteraufzeichnung. Übermorgen ist Wintersonnenwende und die Sonne steht nun mittags genau im Zenith. Weder die Strom- noch Laternenmasten am Straßenrand werfen Schatten. Auch Häuser werfen keine Schatten auf den Gehweg.
Eine Schwägerin hat mitbekommen, dass Hitze und ich nicht die besten Freunde sind und uns eingeladen. Sie glaubt etwas Gutes zu tun - und sie tut es auch, schwitz. Ihr Zweitwohnsitz verfügt über einen netten Pool, Wassertemperatur geschätzt 31°C. Dennoch sehr angenehm.
Alles benötigte Wasser wird per Tankwagen geliefert, da das Haus nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen ist.
Hier draußen vor der Stadt weht auch ein kleines Lüftchen und es ist generell etwas frischer. Ich bin gerne hier. Ich beklage mich nicht über das Wetter (außer vielleicht gelegentlich hier), das habe ich mir vor Jahren schon abgewöhnt.

Montag, 20.12. Noch vier Tage bis Heiligabend.
Der Internetzugang zum PC geht nicht. Da kümmere ich mich nun drum und es fällt auf, dass die Glasfaserleitung zum Modem doch sehr kurz ist. Wirklich sehr kurz. Aber es ist immerhin Glasfaser, ich wiederhole das für meine deutschen Freunde: GLASFASER!
Das Kabel ist so kurz, dass der Apparat nur auf dem Boden stehen dürfte, dennoch ist der Router mit Gewalt oben auf dem Tisch eingeklemmt. Na gut, dann ziehe ich eben was Leitung von draußen nach.
Ach du Schande: die Leitung ist vom Mast am Straßenrand bis zum Hausdach so straff, dass man da eine Melodie drauf zupfen könnte. Nachdem die Adern vor wenigen Jahren gezogen wurden ist ein Busch hoch gewachsen und rankt sich nun kräftig daran weiter in die Höhe.
Die Astschere leistet gut Arbeit und nach nur 2 Stündchen ist die Leitung frei, ins Haus nachgezogen und der Router nun ordentlich platziert.
9 Tage bin ich nun schon im Land und war noch in keiner Ferreteria. Das ändert sich jetzt. Gartenschlauch, Reduzierstücke, Lötzinn, Leuchtstoffröhre und noch einiges andere findet den Weg in meine Tasche.
Gerade zu Hause angekommen donnert es schon hier und da. Es kommt ein schöner Regen runter, der mich veranlasst in der Badehose unter der defekten Dachrinne des Nachbarn eine kühle Dusche zu nehmen.
Mal sehen ob es Zeugen dafür gibt und wer das an meine Frau verpetzt. Sie möchte nämlich nicht, dass ich in der Badehose auf die Straße gehe. Wenn sich niemand meldet bleibt dieser Exkurs gerne unter uns.
Nach fast 3 Jahren ist heute die Grenze zu Argentinien wieder offen. Was man da im Fernsehen sieht ist beeindruckend: Wegen eines kleinen Preisvorteils sind viel Paraguayer zum Tanken mal eben mit dem Wagen rübergefahren. Das Dumme ist, dass das viele machen und man von Seiten der Grenzbehörden nicht darauf vorbereitet ist. Außerdem wollen noch viele Menschen ihre Verwandten in Paraguay nach so langer Zeit wiedersehen. Und so reiht sich bei der Einreise nach Paraguay ein Auto an das andere zu einem 7 Kilometer langen Stau. Wartezeit bis zur Grenze 5 Stunden, keine Toiletten, kein Schatten und so wird der vermeintlich günstige Sprit nun benötigt um die Klimaanlagen am laufen zu halten. Eben habe ich ein paar größere Fotos von Samstag und Sonntag mittels Lightbox eingebunden, ich hoffe der Code ist nicht korrupt. Mache das alles per Hand.
Gerne darf auch etwas in mein Gästebuch geschrieben werden.

Dienstag, 21.12. Noch drei Tage bis Heiligabend, und vier Tage bis zu meiner Rückreise.
Die Situation an der argentinischen Grenze ist unverändert.
Eben kommen wir von Cousine Julia zurück.
Aus Angst vor Covid und mangels Interesse die AHA-Regeln einzuhalten, hat sie seit über 2 Jahren ihr Grundstück nicht verlassen.
"Es gibt da draußen doch nichts, was ich verpasssen würde" sagt sie.
"Was ist denn aus deinem kleinen "Zoo" geworden" frage ich.
"Mein kleiner Affe ist im Alter von 25 Jahren gestorben, Pancha, die Gefährtin des Papageies Pancho ist im gleichen Alter leider auch vor 2 Jahren verstorben. Eine erste Reanimation hatte sie wieder für ein paar Monate ins Leben zurückgeholt, aber sie war wohl doch schwerer krank, als wir befürchteten. Na ja, den Rest hast du ja gesehen: Truthähne, Wachteln, Gänse und eine Schildkröte mit Nachwuchs. Ich hätte gerne wieder einen Tucan und einen großen Papagei, die haben mir viel Freude bereitet."
"Aber die Tiere stehen doch unter Artenschutz!"
"Wenn du Sonntags die entsprechenden Stellen auf dem Markt aufsuchst findest du diese Tiere dort. Die Polizei kontrolliert nämlich Sonntags dort nicht."
Na toll, illegaler Tierhandel mit Wildtieren und die Polizei drückt ein Auge zu.
"Julia mach das bitte nicht, das ist aus verschiedenen Gründen nicht gut und zurecht verboten."
"Es ist auch nur eine Idee, eigentlich bin schon zu alt, die Tiere würden mich lange überleben."
Als ich eine Runde über das Gelände drehe fällt mir sofort das gelbe Dieselaggregat auf.
"Warum hast du denn das hier aufbauen lassen, es gibt doch Strom genug hier?"
"Weißt du, vor 5 Jahren hatten wir 5 volle Tage Stromausfall, weil das Netz einfach zu schwach ausgelegt ist. Ich habe in der Zeit im Auto bei laufender Klimaanlage geschlafen, weil es anders einfach nicht auszuhalten war. Alle 2 Tage musste ich seinerzeit mit dem Wagen zur Tankstelle nachtanken. Das Erlebnis brauche ich nicht nochmal."
Jetzt steht hier ein nagelneues top gewartetes 70KVA-Aggrergat, welches auch immer mal wieder benötigt wird.
Von Satellitenbildern wusste ich, das der ehemelige Fußballplatz auf ihrem Anwesen, den ich schonmal zum Modellflug benutzt hatte, inzwischen mit einer Art Halle bebaut ist.
"Hier züchte ich Kopfsalat und verdiene mir was dazu" erklärt mir Julias Sohn José und zeigt mir die Installation.
"Letztes Jahr hatte ich eine Reihe mit Erdbeerpflanzen besetzt, die einen Ertrag von 700g pro Pflanze ergaben. Versuche mit Tomaten habe ich eingestellt, weil die Nachbarschaft nicht gut auf den von den Pflanzen verströmten Geruch zu sprechen war."
"Was macht denn der 1920er Chevy, den wolltest du doch wieder fit machen?"
"Der Motor läuft aber der Vergaser bräuchte trotzdem mal einen Reparatursatz. Dann brauche ich neue Bremsen und 4 neue Räder. Die Bremsen sind kein Problem aber die Räder machen mir Kopfschmerzen. Die Felgen sind aus Holz und mit Bereifung kostet mich das 2000 Dollar pro Stück! Das hält micht momentan noch von der Restaurierung ab. Es waren schon viele Interessenten, auch aus den USA, hier um den Wagen zu kaufen. Aber ich gebe ihn nicht her, erinnert er mich doch an meinen schon lange vertorbenen Mann", antwortet Julia.
Mit 50 Wachteleiern und einem defekten Radiowecker, an dem Julia auch sehr hängt, beladen machen wir uns auf den Heimweg nicht ohne versprechen zu müssen am Donnerstag zum Abendsessen wiederzukommen.
Die Wartezeit an der Grenze zu Argentinien beträgt jetzt jetzt nur noch 4 Stunden. Glücklicherweise ist das Bedürfnis nochmal nach Clorinda in Argentinien zu fahren zur Zeit sehr klein.
Lies dazu gerne nochmal nach.

2 Ehepaare prosten sich gutgelaunt zu
es wurde spät bei Myrna und Hector
Mittwoch, 22.12. Heute faulenze ich und ab 19 Uhr sind wir bei der Familie einer sehr guten Freundin meiner Frau eingeladen. Im Vorfeld erkundigte man sich bei mir danach, was ich denn gerne essen und trinken würde.
"Empanadas und Bier aus Paraguay würde mir eine große Freude machen" sage ich.
Einen Hauch Enttäuschung kann ich in den Gesichtern unserer Gastgeber dann abends erahnen, hätte man uns doch von Herzen gerne das beste Grillfleisch und ein Importbier angeboten. Die Empanadas (Teigtaschen die gefüllt sind mit z.B. Käse und Schinken oder Hackfleich und Gemüse oder Hühnerfleisch und Mais) sind die besten, die ich seit Jahren essen durfte und das Bier löst meine Zunge und so erzählen wir bis tief in die Nacht.
Am Ende stehen dort 13 leere Bierflaschen.
Einliterflaschen.

Donnerstag, 23.12. Der Tag heute wird nicht mehr meiner. Bin schlapp und müde. Ausschlafen ist nicht, draußen wir geflext und geschweißt. Der Busch, der nur durch die Glasfaserleitung getragen wurde bekommt nun ein hübsches Metallgestell.
Am Nachmittag wird Julias Uhrenradio wieder in einen Funktionsfähigen Zustand versetzt und eine drahtlose Mikrofonanlage darf ich mir auch mal ansehen.
Zu meinem Abschiedbesuch werden uns abends bei Julia Grillvariationen und Importbier serviert.
Ich komme einfach nicht dran vorbei. Smilie

Weihnachtsgruß, 10 Sekunden, 10 MB
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Freitag, 24.12. Heiligabend bei  31   34  38°C.
Schweinebraten mit Soße steht auf dem Speiseplan und ich habe gleich Küchendienst.
Ich lade alles Neue mal gerade hoch, und werde mich von zu Hause wieder melden.
Meine Ferien hier enden leider morgen Mittag.
Frohe Weihnachten von 57,51° West und 25,34° Süd.

Nachtrag: Bin nach 26 Stunden Gesamtreisezeit wieder zu Hause.
An Heiligabend bin ich nicht in der Küche verpflichtet weil ein Rasentrimmer wieder in das Reich der Lebenden geholt werden muss.
Am Schweinebraten tue ich mich heute und morgen gütlich, wie erwartet probieren die übrigen Familienmitglieder so was nur in homöopathischen Dosen.
Um Mitternacht ist es Brauch Feuerwerkskörper zu zünden, was die hier wohnenden Jugendlichen dann auch verhalten praktizieren.
Das "Golden Horse" wird dank der Pandemie kaum gebucht, nur an zwei Tagen lärmt die Musik und klappern die Tellerwäscher nachts auf dem Balkon über unserem Schlafzimmer.

Samstag, 25.12. Am Abreisetag wird gegen 18 Uhr die 40°C-Marke erreicht, hätte mich sonst auch gewundert.
"Die Maschine ist ausgebucht aber ich kann Ihnen einen Fensterplatz zuweisen."
Insgeheim hatte ich gehofft, dass heute wenig Reiseverkehr herrscht, weil man die Weihnachtszeit doch lieber mit der Familie verbringt als auf Reisen zu sein.
"Boarding completed" ertönt die Durchsage im Flugzeug dann 2 Stunden später und beide Sitzplätze neben mir bleiben unbesetzt. Ich hoffe schon vorsichtig auf einen entspannten Flug, ahnend dass sich das jedoch jederzeit noch ändern kann.
Da nehme ich aus dem hinteren Teil der Maschine auch schon einen kleinen Tumult wahr.
Hier muss ich nun meinen Bericht mit der Frage nach der Verbreitung des Homo Sapiens klammern?
Was passiert im Gehirn einer erwachsenen Person, die mit für die Sitze 27B und 27C ausgestellten Boardingpässen sich in einer ausgebuchten Maschine nach Belieben irgendwo in Reihe 30 hinsetzt und erwartet dass das niemanden interessiert?
Mein eigener Platz ist übrigens 27A.
"Räumen Sie ihren Sitz! Dort und in der Mitte der Reihe sind mein Platz und der Platz meiner Tochter."
So viel Freundlichkeit entlockt mir lediglich ein: "Sitz A ist in jedem Flugzeug am Fenster und heute habe ICH SITZ A, PUNKT!"
Andere Passagiere verhindern einen Zwischenfall indem sie die anscheinend Lernunwilligen über das System der Sitzplatznummerierung aufklären.

Tss, tsss, tssss

Sonntag, 26.12. Der Rekordflug mit Rückenwind in 10 Stunden und 10 Minuten von Asunción nach Madrid beginnt ohne einen zweiten kleinen Rotwein nach dem Abendessen und endet wieder ohne Frühstück. Für 1500 € Ticketpreis erwarte ich solchen Minimalservice allerdings. Aber schön, so habt ihr an mir ein allerletztes mal 3 € mehr verdient!
Welche Airline war das noch?
Brauche ich wirklich für keine der zukünftigen Reisen mehr in Betracht zu ziehen. Smilie
Während ich 2 Stunden auf den ICE im zugigen Fernbahnhof Frankfurt warte fange ich mir bei +2°C eine Erkältung ein.
Ich bin der einzige Fahrgast an diesem Weihnachtsabend um 22:30 Uhr im Linienbus auf dem letzten Abschnitt der Reise, da die Menschen hier scheinbar Weihnachten lieber bei ihren Familien sind.
"Fahren Sie nach der Endhaltestelle noch weiter?" frage ich den Busfahrer.
"Ich wende oben am Supermarkt und warte dann auf den Rückfahrzeitpunkt."
"Es ist doch heute Weihnachten und ich habe so viel Gepäck und möchte nach der langen Reise auch gerne nach Hause, können Sie mich vielleicht noch etwas weiter mitnehmen?"
"Kein Problem, wo möchten Sie denn hin?"
Und so bringt mich die Linie 501 heute ausnahmsweise bis fast vor die Haustüre.
Vielen Dank und frohe Weihnachten!