Paraguay 2009

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wieder auf der Südhalbkugel

Es ist Dienstag der 17. März 2009 während ich im Garten vor Magdalenas Haus diese erste Zeile in den Laptop eintippe.
Vor 2 Tagen sind meine Frau und ich hier in Buenos Aires angekommen, um im weiteren Verlauf dieses Urlaubs den 80sten Geburtstag meines Schwiegervaters in Paraguay zu feiern.
Dies wird mein siebter Aufenthalt in Paraguay werden, zunächst aber bleiben wir eine Woche in Argentiniens Hauptstadt.
Wir haben hier Freunde und Verwandte, die wir besuchen.

Der Autor sitzt mit einem Laptop im Garten
so läßt sich schreiben
Montag, 16.3. Erstmal ausschlafen.
Nach einer Nacht in einem richtigen Bett sind die Beine nicht mehr ganz so geschwollen und taub. Der Flug war diesmal sehr unbequem, eine echte Qual.
Die erste Exkursion führt uns in das Zentrum von Buenos Aires. Dazu fährt man von hier aus ein paar Haltestellen mit dem Bus und dann weiter mit der U-Bahn, vorzugsweise bis zum Plaza de Mayo.
Zum Bezahlen der Busfahrt benötigt man 1,25 Peso in Münzgeld, das man im Bus in einen Automaten wirft. Münzgeld ist aber hier nirgends zu bekommen! Selbst als Wechselgeld im Supermarkt oder Restaurant werden ausschliesslich Scheine ausgegeben. Der kleinste Schein hat einen Wert von 1 Peso, was umgerechnet 22 Eurocent entspricht. Wenn man mit Geldscheinen die passende Summe nicht hinbekommt, wird oftmals zu Gunsten des Kunden gerundet nur um das Hantieren mit Münzgeld zu umgehen. Es ist sogar passiert, dass mir eine Ware nicht verkauft wurde, weil ich den Kaufpreis nicht passend bezahlen konnte. Münzen sind in der ganzen Stadt (vielleicht sogar im ganzen Staat) Mangelware und es geht das Gerücht, dass sie von organisierten Gruppen gesammelt, eingeschmolzen und dann im Ausland in Barrenform verkauft werden. Das Metall habe einen höheren Wert auf dem internationalen Markt, als die Münzen in Argentinien darstellen. Das ist für die Berufspendler, die auf den Bus angewiesen sind, natürlich ein großes Problem.
Die Waggons der U-Bahn-Linie A sind eine echte Augenweide: die U-Bahn datiert aus dem Jahr 1912 und ist die erste U-Bahn die südlich des Äquators gebaut wurde. Die Aufbauten bestehen komplette aus Holz. Hier fühlt man sich fast hundert Jahre zurückversetzt. Die übrigen Linien der Stadt werden allerdings von moderneren Zügen bedient.
Ich hole mir prompt einen Sonnenbrand auf dem Fußweg zwischen Puerto Madero und den Bahnhöfen im Stadtviertel Retiro. Es macht Freude dem geschäftigen Treiben überall hier zuzusehen. Meine Ohren und meine Zunge gewöhnen sich schnell wieder ans Spanisch, noch schneller gehts natürlich mit ein paar Bierchen.

4 bunte Bärenfiguren von je 2 Metern Höhe
Wanderausstellung in Buenos Aires
www.buddy-bear.com
Dienstag, 17.3. Auch nach der zweiten Nacht sind die Füße noch geschwollen. Daher und wegen des Sonnenbrandes bleibe ich heute zu Hause und faulenze. Leider gibt es trotz des heftigen Windes eine Menge Mücken hier, aber darüber werde ich nach den Ausführungen zur Reise 2003 nicht weiter berichten.
Bei unserer Ankunft am Flughafen Sonntagmorgen wurden wir von einer Tante meiner Frau erwartet, die extra zu Hause einen großer Festbraten für uns vorbereitet hatte, den sie letztendlich leider alleine essen musste. Das hochgehaltene Schild im Ankunftsbereich des Flughafens haben wir nicht bemerkt und das war so auch gar nicht abgesprochen. Da es seit 15 Jahren keinen direkten Kontakt mehr gibt, wußte die Tante gar nicht nach wem sie suchen muss und umgekehrt. Abgesprochen war mit Magdalena und ihrem Mann (unsere Gastgeber in Buenos Aires), daß sie uns empfangen und wir die kommende Woche bei ihnen wohnen werden.
Das Wort "Mehrfachsteckdose" hat ab heute eine neue Bedeutung für mich. Deutscher Schuko passt trotzdem nur mit einiger Gewalt.
Zum Abendessen geht es gleich in ein Steakhaus.

Wasserstrasse mit Bootsverkehr
unterwegs im Delta des Rio Paraná
Mittwoch, 18.3. 4 Personen sind gestern abend für umgerechnet 30 Euro in einem vornehmen Haus richtig satt geworden.
Wir fahren mit der Buslinie 108 ohne Umsteigen direkt bis zum Bahnhof nach Retiro. Die Fahrt in dem normalen Linienbus dauert über 90 Minuten. Schon nach kurzer Zeit macht das Sitzen auf den harten Stühlen bei der ruppigen Fahrt keinen Spass mehr.
Weiter gehts mit dem Zug nach Bartholomé der Mitre und nach Umsteigen in den "Tren de la Costa" bis nach Tigre am südlichen Rand des Flussdeltas des Rio Paraná.
Kaum den Zug verlassen versucht uns dort schon ein geschäftstüchtiger Bootsbesitzer zu einer Rundfahrt in seinem Schlauchboot zu überreden. Die Fotomappe, die wir dabei zu genüge unter die Nase gehalten bekommen, macht auch durchaus Lust darauf. Da sein Preis uns deutlich überhöht erscheint und er nur Schlechtes über seine Mitbewerber erzählt lehnen wir sein Angebot ab. Auf dem Weg zur Touristeninformation, um eine Linienbootsfahrt zu einer der Inseln im Delta zu organisieren, sehen wir noch wie er seinen Stand schließt und mit 2 Touristen im Schlepptau den Bahnhof Richtung Hafen verlässt.
Auf der Insel Tres Bocas wandern wir etwas die Kanäle entlang und essen zu Mittag. Die Rückreise mit Boot, Bahn und Bus dauert mehrere Stunden.
Um 23 Uhr falle ich todmüde uns Bett.

sehr bunte Hausfassaden
Straßenzug in in La Boca
Donnerstag, 19.3. Christof ist zum Früstück gekommen und bevor wir in den Stadtteil La Boca aufbrechen gelingt es mir in der Banco de Chile 5 Pesos Münzgeld zu bekommen. Das reicht für immerhin 4 Busfahrkarten! Das Viertel, in dem Diego Maradonna groß wurde, ist eigentlich nicht besonders außer dass es etwas heruntergekommen aussieht und ich hier nachts nicht unbedingt herumlaufen möchte. An den für Touristen interessanten Ecken ist immer Polizei präsent.
Es gibt hier ein paar Straßenzüge mit bunten Hausfassaden aus Holz und Blech, die mich etwas an Valparaiso in Chile erinnern. Zwischendrin buhlen viele Bars und Restaurants mit kleinen Tangovorstellungen um Gäste.
Am späten Mittag essen wir in einer typischen Bar im Viertel San Telmo Mittag.
Wir sind auch heute wieder viel gelaufen und stundenlang mit öffentlichen Verkehrssmitteln gefahren. Ich bin fertig, gleich gehts ins Bett. Vielleicht schaffe ich morgen endlich mal diese Seite hochzuladen; der blöde MS-IE6 mag irgendwie mein web-ftp-interface nicht.

Freitag, 20.3. Tatsächlich gelingt mir heute der Upload auf den Server.
Abends treffen wir im Zentrum eine Bekannte aus Schmallenberg/Sauerland, die kurzfristig angereist ist. Daß wir einige Tage vorher auf einer belebten Kreuzung eine Bekannte aus Köln treffen erwähne ich nur der Vollständigkeit halber. So klein kann die Welt doch eigentlich garnicht sein?
Ansonsten steht an diesem Tag nichts weiter auf dem Stundenplan, es soll ja auch Urlaub sein.

Samstag, 21.3. Wir werden abgeholt, um die Tante meiner Frau zu besuchen, die uns vor Tagen vergeblich am Flughafen erwartete.
Die seit einigen Tagen langsam zunehmende Hitze wird nun unangenehm.
Nach einem Asado Argentino (Blutwurst, Bratwurst, Rippchen und Hähnchen) quatschen wir noch bis um 2 Uhr nachts. Während dieses Besuchs haben wir leider keine Fotos gemacht.

Sonntag, 22.3. Gegen 11 Uhr sind wir wieder in Buenos Aires, wo ich schon erwartet werde.
Am Stadtrand von Buenos Aires in Morón befindet sich eine Basis der Argentinischen Luftwaffe, auf deren Gelände auch das Nationale Luftfahrtmuseum beheimatet ist. Die Sammlung verfügt über einige außerordentliche Ausstellungsstücke.
Morgen ist schon eine Woche rum und und früh morgens reisen wir weiter nach Paraguay. Meine Hoffnung auf etwas kühleres Wetter wird dort wohl erst recht nicht erfüllt werden. Bei ein paar Bierchen lasse ich mir auf der Dachterasse den Abendwind um die Nase wehen der das Peter Gabriel Konzert aus dem 200 Meter entfernten Stadion "José Amalfitani" zu mir herüberträgt.

Die Hauptstadt Paraguays, Asunción, vom Flugzeug aus gesehen
Luftbild von Asunción

geschwollene Füße
das wird hoffentlich alles wieder normal
(Maus auf das Bild für aktuellen Zustand)
Montag, 23.3. Die Einreisebehörde am Internationalen Flughafen Silvio Pettirossi in Paraguay ist mit der gleichzeitigen Abfertigung von 2 Flugzeugen ziemlich ausgelastet. Ich genieße die extra Stunde Wartezeit in dem klimatisierten Gebäude.
Als die Flughafentüre aufgeht ist es da wieder:
das Gefühl als ob dir ein Haartrockner auf höchster Stufe direkt ins Gesicht bläst. Die Tagestemperatur ist zur Zeit 36 Grad, nachts 27 Grad. Die Luftfeuchtigkeit liegt bei 65%. Eine kalte Flasche Bier oder eine kalte Tomate bekommen hier innerhalb kürzester Zeit einen Mantel aus dicken Wassertropfen, die zu einer Pfütze auf dem Tisch herablaufen. Ich bin dieses mal doch extra im Herbst ins subtropische Paraguay gekommen, um die Strapazen des sommerlichen Klimas nicht wieder auf mich nehmen zu müssen. Dieser Wunsch wird sich schon wieder nicht erfüllen.
Da meine Füsse immer noch geschwollen und mein linker Oberschenkel taub sind untersucht mich gegen 21 Uhr der Arzt. "Kein Grund zur Sorge" beruhigt er mich, "der Venentonus ist durch das lange Sitzen und die schnelle Umstellung auf die südamerikanischen Klimabedingungen etwas reduziert". Ich bekomme ein Mittel zur Abhilfe verschrieben und werde in den nächsten Tagen weitere Untersuchung durchführen lassen.

Haus mit vielen Erkern und blauem Dach
Cousine Julias neues Eigenheim
Dienstag, 24.3. Die Blutabnahme ist um 8 Uhr erfolgt, die Ultraschalluntersuchung der Beinvenen für den kommenden Donnerstag um 10:30 Uhr terminiert. Nachtrag: vom Arzt telefonisch auf Freitag verschoben.
Auf dem Rückweg kommen wir an Cousine Julias Haus vorbei: sie hat sich eine echte Villa auf ihr Grundstück gesetzt. Nach 2 Stunden Plaudern werden wir verabschiedet: "Wann immer ihr möchtet steht euch hier ein klimatisiertes Zimmer zur Verfügung."
Noch ist es aber auszuhalten und um die Hitze einigermaßen zu ertragen versuche ich einfach nicht daran zu denken. In den kommenden Wochen sind hier ein paar Arbeiten durch mich zu erledigen: zum Beispiel funktioniert der Internetzugang seit einem Sturm nicht mehr.

Mittwoch, 25.3.
Das Internet geht wieder. Ein herunterfallender Ast hatte die Leitung an der Zusammenführung mit der Telefonleitung getrennt. Es hatte sich darum zwar schon jemand gekümmert, aber stark oxidiert Kabel lassen sich nun mal nicht durch einfaches Verdrillen vernünftig elektrisch verbinden. Na ja, wie immer befinden sich unter anderem genügend Lüsterklemmen in meinem Reisegepäck. Dann steckte noch der Leitungsstecker im falschen Port des Modems; Die meisten Nerven kostete es herauszufinden, daß das DFÜ-Netzwerkes neu eingerichtet werden musste. Auch hier hatte sich wohl schon jemand versucht, alles Kraut und Rüben.
Ich bin erkältet und es kündigt sich Fieber an, Mist. Ich sollte mich gleich durch eine Hopfenkaltschale innerlich etwas abkühlen.
An Inge und Mathias: die Brunnenpumpe funktioniert wie am ersten Tag, da habt ihr euch ein Denkmal gesetzt. Den Klingelknopf zur Bedienung werde ich in den kommenden Tagen jedoch durch einen wasserdichten Taster ersetzen.

altes Foto eines Ehepaares in Hochzeitskleidung
Myrnas Eltern
Donnerstag, 26.3. Fieber hat sich nicht eingestellt, aber eine Erkältung.
Am späten Nachmittag beginnt es zu regnen, zunächst schwach dann stärker.

Am Abend besuchen wir Myrna und Hektor.
Im Jahr 2003 habe ich das ziemlich angegriffene Hochzeitsfoto ihrer Eltern in Segmenten abfotografiert um es zu Hause in Ruhe rekonstruieren und restaurieren zu können. Bis zur darauf folgenden Reise nach Paraguay im Jahr 2006 habe ich das jedoch nicht fertig bekommen. Heute aber befinden sich 2 sehr gute Abzüge in 60 x 45 cm in denen weit über 100 Arbeitsstunden stecken in meinem Gepäck. Myrna hatte zwischenzeitlich jedoch Angst bekommen, da der Verfall des Fotos rasch fortschritt, und erhebliche Mühen und Kosten auf sich genommen um hier ein Labor zu finden, welches eine Restaurierung vornahm.
Sie freut sich dennoch über mein Geschenk.
Die Fleisch- und Wurstwarenfabrik Ochsi, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindet, möchte sich schon seit Jahren vergrößern. Dazu haben sie mittlerweile alle umliegenden Grundstücke außer dem unserer Gastgeber aufgekauft und dort weitere Produktionsstätten errichtet. Die Ruhe von früher stört nun permanent der Lärm starker Kühlaggregate.
Plötzlich jedoch wird es muxmäuschenstill und stockfinster.
Der Strom im ganzen Viertel ist ausgefallen. Die Beleuchtung flackert noch mehrmals kurz auf und die Aggregate versuchen anzulaufen doch schnell kehrt wieder Dunkelheit und Ruhe ein.

RRROOOAAARRR

Der Notstromdiesel übernimmt nun die Kühlung der Fabrik und wir machen es uns bei Kerzenlicht und Abgasgeruch so gemütlich wie eben möglich.
Der starke Regen am Abend hatte eine angenehm abkühlende Wirkung. Die Nacht ist herrlich frisch.
Ich schlafe heute nacht gut, auch ohne den Deckenventilator, der wegen der immer noch fehlenden Netzspannung aber sowieso nicht laufen würde.

Straße ohne Kanalisation nach Regenfall
würde es doch nur öfter so eine Abkühlung geben
Freitag, 27.3. Um 10:30 Uhr finde ich mich im Ärztehaus ein. Ein Arzt asiatischer Herkunft nimmt sich ausreichend Zeit für mich. Etwas, was ich mir in Deutschland schon lange für mein Geld wünsche. Meine Beine werden intensiv untersucht und die Blutzirkulation als völlig in Ordnung diagnostiziert. Für die 63 Euro, die mich diese Erkenntnis kostet, wünschte ich mir lediglich noch dass die schriftliche Diagnose dem behandelnden Arzt per FAX oder Post zuginge, damit ich nicht 2 Tage später nur dafür extra nochmal in die Hautpstadt muss.
Ich bin wirklich gespannt, welche Hürden mir meine Auslandskrankenversicherung später vor die Erstattung dieser Kosten setzen wird.
Nachtrag: Ich habe darauf verzichtet. Die Summe ist den Papierkram und Ärger mit der Krankenkasse nicht Wert.
Auf dem Rückweg kaufen wir noch ein paar neue Markenjeans, Lizenzproduktionen für 20 Euro das Stück.
Die Temperatur ist wieder auf 35 Grad geklettert.
Zunis (Schwester meiner Frau) VW Polo, mit dem ich am Vormittag unterwegs bin, zieht irgendwie keinen Hering vom Teller. Das erfordert eine ausgesprochen defensive und vorausschauende Fahrweise.
Die ist aber hier eigentlich immer Pflicht.
Sicher wieder zu Hause angekommen kontaktiere ich Alfredo per Mail, vielleicht kann ich die Produktion der paraguayischen Version von "let's dance" mal aus der Bildegie verfolgen.
Am Nachmittag kaufe ich Gartenschlauch, Verbindungsmuffe, Schlauchschellen, Ersatzglühlampen für den Kühlschrank und CD-Hüllen. Mit einem vollen Rucksack komme ich auf dem Heimweg am Eingang zu Julias Grundstück vorbei, die jedoch leider außer Haus ist. Ich möchte jetzt hier auf sie warten und wegen der Hitze ein Fläschchen Bier zu mir nehmen. Meine Frau wendet ein, das sie das Trinken von Bier hier in der Öffentlichkeit nicht dulden wird und ich außerdem ja gar keines bekommen werde, da ich dem Kioskbesitzer kein Leergut geben kann. Das mit dem Leergut und Pfand funktioniert hier ganz anders als in Deutschland, aber das ist eine andere Geschichte.
Selbstverständlich bekomme ich meine Flasche Bier am Kiosk, bin ja Erwachsen, aber des Friedens willen verbleibt sie im Rucksack. Julia bleibt offensichtlich länger außer Haus und so gehen wir unverrichteter Dinge.

Fußballübertragung im Fernsehen
na, wenn das für Paraguay mal gut geht
Samstag, 28.3. Meine Frau weckt mich irgandwann weit vor 8 Uhr: "mein Bruder Andrés hat einen Lederschneider an der Hand, der dir einen Sitzbankbezug für die XT 500 nach deinem mitgebrachten Schnittmuster (lange Sitzbank, Deutschlandversion) anfertigt. Der hat jetzt Zeit und meine Bruder muss jetzt wissen, auf was es genau ankommt."
<Halbschlafmodus> Mir gelingt es etwas von doppelter, verklebter Naht, leichtem Übermaß und geschmeidigem, strapazierfähigem Leder zu stammeln.</Halbschlafmodus>
Der Versuch weiterzuschlafen misslingt dann jedoch gründlich, denn es geht hier mittlerweile zu wie auf einem Bahnhof.
Ich fasse den Entschluss aufzustehen und mit Hilfe meines Schwiegervaters Perfecto den neuen Taster für die Brunnenpumpe anzubringen. Wir sind mitten in der Arbeit, da übergibt mir Andrés einen Sitzbankbezug mit doppelter, verklebter Naht, leichtem Übermaß, hergestellt aus geschmeidigem, strapazierfähigem Leder. 20 Euro wechseln den Besitzer und hinterlassen einen glücklichen Schneider, einen glücklichen Andrés und einen glücklichen Stefan. Ich werde mir die kommenden Tage überlegen, ob ich noch einen zweiten (oder mehr) Bezug in anderer Farbe anfertigen lasse. Die Zeit bis zum Mittagessen plaudert meine Schwiegermutter mit mir über den Klimawandel und die Zeit der Diktatur im Land unter General Stroessner.
Vor wenigen Minuten war Anpfiff: das Fernsehen überträgt die Partie Uruguay gegen Paraguay. Ich werde die Ruhe im Land und im Netz mal schnell für einen Upload nutzen.
Heute abend spiele ich dann den Filmvorführer: der Fernseher soll samt DVD-Player im Garten aufgestellt werden und bei Grillwürstchen und reichlich Flüssigem schauen wir uns dann ein oder zwei Filme von den mitgebrachten Silberscheiben an.

Schowbühne im Arbeitslicht
im Studio von Telefuturo
Sonntag, 29.3. Nachträge: Paraguay hat gegen Uruguay 2:0 verloren. Da sie aber mit einem dicken Punktepolster an der Tabellenspitze stehen, ist ihnen die Qualifikation für die WM2010 in Südafrika nicht mehr zu nehmen.
Wegen der vielen Mücken mochte gestern abend niemand Freilichtkino und wir haben drinnen geschaut. Seltsamerweise gibt der DVD-Player meine Scheiben nur in Schwarzweiß wieder. Für die Techniker unter den Lesern: In Paraguay, Uruguay und Argentinien ist PAL-N (625 Zeilen/50 Halbbilder/3,3 MHz Farbträgerfrequenz) in Brasilien PAL-M (525/60/4,43) und im übrigen Südamerika NTSC (525/60/3,3) die Fernsehnorm. Die hier im Handel erhältlichen Fernsehapparate können alle diese Normen wiedergeben, damit immer auch die Sender der Nachbarländer, wo im Gegensatz zu Europa ja meist die gleiche Sprache gesprochen wird, empfangen werden können. In Europa verwenden wir PAL-B/G (625/50/4,43). Der einzige Unterschied zum hiesigen Fernsehsystem liegt im Farbträger, den die Paraguayer vom Nordamerikanischen NTSC übernommen haben. Auf DVDs ist aber kein Farbträger codiert und bis zur Klärung der Frage warum die Wiedergabe dennoch nicht in Farbe erfolgt werden wir eben etwas zusammenrücken, externe Lautsprecher anstecken und auf dem Laptop schauen. Besonders gut kommt hier übrigens "Shaun, das Schaf" an. Davon gibts jetzt jeden Abend ein paar Folgen, dafür danke an Klaus M.
Den eigentlichen Sonntag habe ich irgendwie komplett verschlafen.

Monntag, 30.3. Abends besuche ich Onkel Manuel und seine Frau Alicia.
Er ist mittlerweile fast 80 Jahre alt und arbeitet immer noch als Schuhmacher in der eigenen Werkstatt. Seine Schuhe verkauft er für 22 Euro das Paar an den Großhändler.
In den 1940er Jahren war er Matrose und ist auf dem Rio de la Plata bis nach Montevideo gefahren. Sehr bewegt erzählt er mir von einer Vorbeifahrt an der Graf Spee, deren Aufbauten noch aus dem Wasser ragten. Das deutsche Schlachtschiff wurde im Dezember 1939 von der eigenen Mannschaft vor der Küste Uruguays versenkt, da sie sich in aussichtsloser Lage glaubten. Im weiteren höre ich mir seine Ansichten über Göring, Hitler und Wüstenfuchs Rommel an. Meine Versuche sein Bild etwas geradezurücken laufen ins Leere, aber was erwarte ich auch. Alizia geht es erheblich besser als bei meinem letzten Besuch, es war damals nicht sicher, ob ich sie nochmal sehen werde.

Schnellrestaurant an einer Straßenecke
wer hier nicht Caldo de Pescado¹ gegessen hat, war nicht in Asunción!
¹Fischsuppe
Dienstag, 31.3.
Meine Frau und ich laufen ab 9:00 Uhr durchs Zentrum von Asunción. Bis Mittags wird die Hitze echt erdrückend und ich bin froh um 12 Uhr in einem klimatisierten Imbiss 2 Empanadas¹ zu mir nehmen zu können. Am Nachmittag sitze ich 2 Stunden im Planschbecken meiner Nichte und gieße mir kühles Brunnenwasser über den Kopf. Das vertreibt die Hitze etwa 2 -3 Stunden lang. Ich praktiziere das gelegentlich auch vor dem Schlafengehen.
Die Touristeninformation bestätigt, daß man in der Nähe von San Bernardino (30 Km östlich von hier, am Ypacaraí-See) in dem Kratersee eines Vulkans mit Gerät tauchen kann. Da bleibe ich mal dran, obwohl ich keine zum Tauchen erforderlichen Papiere oder Ausrüstung dabei habe. Außerdem sollen in der gleichen Gegend auch Gleitschirm- und Flugzeugrundflüge angeboten werden.

¹ Blätterteigtasche mit Füllung wie Fisch, Hähnchen, Rindfleischstreifen, Schinken und Käse, Ei uvm.

der Autor sitzt in einem Kinderplanschbecken
herrlich erfrischend
Mittwoch, 1.4. Heute haben wir ein Auto zur Verfügung, was wir aber lediglich dazu nutzen, den schriftlichen Ultraschallbefund in der Hauptstadt abzuholen, weil Mercedes heute mittag mit Kochen dran ist: es gibt Gulasch mit Klößen (zubereitet aus mitgebrachtem Knödel-Fertigpulver). Mit ihrer Schwester zusammen versuchen sie aus der Masse Gnocci herzustellen. Der Versuch misslingt natürlich. Die Familie nimmt später die Gummibälle wortlos als Mitagessen zu sich. Toll, wegen sowas kann ich echt sauer werden.
Am Nachmittag schreibe ich das hier und verbringe ordentlich Zeit mit meiner 5jährigen Nichte im Planschbecken.
Abends spielt Bolivien in Quito gegen Paraguay. Julia hatte eingeladen, die Partie bei ihr zu Hause anzuschauen, was wir auch gerne annehmen. In der 92sten Minute steht es immer noch 1:0 und ich rufe: "lo redondo tiene que entrar al quadrado" (das Runde muss ins Eckige) als der Ausgleich erfolgt, der dann auch Endstand ist. Der Abend klingt bei Wein, Bier und Gebratenem vom Grill in ihrem Garten aus.

Donnerstag, 2.4. Die Firma Sarabia hat laut telefonischer Auskunft keine Elektronenröhren mehr. Damit kann ich diese lange Geschichte nun endgültig abschließen. Sie dazu auch die Vorgeschichte hier, hier, hier und hier.
Ansonsten passiert heute nicht viel, was ja im Urlaub durchaus auch mal sein darf: ich warte auf den Rückruf eines Gleitschirmfluglehrers und für morgen planen wir tauchen zu gehen.

mit Wasser vollgelaufener kleiner Steinbruch
ehemaliger Steinbruch bei Ypacaraí
Freitag, 3.4. Wir fahren in San Bernardino am See von Ypacaraí an der zweiten Ampel rechts, dann 3 Kilometer bis zu einer rechtwinkligen Kurve und suchen 100 Meter weiter am linken Straßenrand unsere Tauchpartner.
So hatten wir das ja schließlich mit dem Tauchanbieter telefonisch abgesprochen.
Gefunden haben wir sie dann in Ypacaraí, zweite Ampel rechts, 3 Kilometer bis zu einer rechtwinkligen Kurve und 100 Meter weiter am linken Straßenrand. Man hatte uns verschwiegen, daß der Sitz der Agentur und der Tauchplatz nicht im gleichen Ort sind.
Fürs Logbuch: Tauchgangbeginn 15:00 Uhr, Tauchgangende 16:15 Uhr, erreichte Tiefe 9 Meter, verwendetets Gerät: 12 Liter Alu, 4,5Kg Blei. Die Sichtweite bis 9 Meter Tiefe beträgt etwa 2 Meter darunter lediglich noch 50 cm bei abfallender Temperatur. Ich tauche in T-Shirt und Shorts und mir ist auch nach der vollen Umrundung des 16 Meter tiefen und etwa 80 Meter Durchmesser aufweisenden Gewässers nicht kalt. Mercedes bleibt lieber über Wasser, weil die Tauchbedingungen (Einstieg, Sicht, Fauna, Flora) nicht nach ihrem Geschmack sind. Auf dem Grund des bis 1960 als Steinbruch genutzten Geländes soll noch ein Bagger stehen, der vor dem Wassereinbruch nicht mehr rechtzeitig weggefahren werden konnte.
Wir finden Sprengschnüre, Welse und etliche andere Fische, Motorrad- und Nutzfahrzeugreifen, Getränkeflaschen, Bierdosen, Stühle, Unterhosen und jede Menge Schlamm. Mein Tauchpartner hatte hier kürzlich sogar eine Leiche gefunden. In dem Abschiedsbrief den der junge Mann hinterließ stand: "ihr werdet mich niemals finden." Bei geschätzten 15 aktiven Tauchern in ganz Paraguay waren die Chancen dazu auch relativ gut, er hätte sich nur ein anderes Gewässer für sein Vorhaben aussuchen müssen: sich ein Motorrad um den Hals binden und damit über die Klippe fahren.
Am See wohnt eine Familie, die leider ihre Kleidung und ihr Geschirr dort wäscht. Das bedeutet einen erheblichen Nitrateintrag für das kleine zu- und abflusslose Gewässer, welcher die Algen prächtig gedeihen lässt.

zwei Taucher in klarem Wasser
Mercedes und Stefan im Roten Meer
Zum Abschied gebe ich meinem Tauchpartner Raúl ein Foto welches Mercedes und mich bei einem Tauchgang im Roten Meer zeigt mit unseren Kontaktdaten auf der Rückseite. Bei diesem Anblick schämt er sich etwas, mich in dieses Loch geführt zu haben. Ich tröste ihn: "Ich springe in jede Pfütze."
Es gibt in Paraguay nur wenige Plätze, die zum Tauchen geeignet sind. Dazu gehören ein Zenote im Norden, ein nur 7 Meter tiefer, fischloser See im Nordosten (Laguna Blanca) und Quellgebiete im Alto Parana.
Sie sind allesamt nicht so einfach zu erreichen: die überflutete Höhle z.B. liegt 120 Km abseits asfaltierter Strassen.
Die letzten 5 Kilometer sind zu Fuss zurückzulegen bevor die Ausrüstung und der Taucher dann 80 Meter zur Wasseroberfläche abgeseilt werden müssen!

eine dunkle Wolke rollt über den Boden
ein sehr ungewöhnliches Wetterphänomen
Samstag, 4.4. Wir fahren an den Rio Paraguay, um frischen Fisch zu kaufen.
Dort werden Piranhas, Welse, Lachse, Doraden und etliche weitere mir unbekannte Flussfische für 30.000 Guaranies/Kg (umgerechnet 4,50 Euro/Kilo, siehe auch hier) fertig ausgenommen feilgeboten.
Wir kaufen 3 Fische zu je 3 Kg, die wir abends grillen und unseren Gästen anbieten werden. Vorher essen wir hier aber noch zu Mittag: panierten Fisch natürlich.
Ab 13:00 Uhr beginnen sich gigantische Wolkentürme zu bilden und kündigen Gewitter an.
Um 15:00 Uhr überrollt eine schwarze Wand die Stadt. Was könnte das sein: ein Sandsturm, der Rauch eines Großfeuers oder extrem starker Regen? Der dunkle nach Verbranntem stinkende Staub erschwert das Atmen erheblich.
Erst kurz darauf beginnt es zu regnen und zu stürmen. Nach einer halben Stunde hat der Regen die Luft sauber gewaschen und es fließt nun schwarzes Wasser die Straßen herab. Wer sich im Freien aufgehalten hat, hat völlig verschmutzte Kleidung. Das Phänomen ist noch tagelang wichtiges Thema in den Fernsehnachrichten, ohne daß hierfür jedoch bis zu unserer Abreise eine Erklärung gefunden wird.

viele Personen an einem Tisch beim Abendessen
es gibt Fisch zum Abendessen
Gegen 20 Uhr treffen unsere Gäste zum Fischessen ein, die Zeit reicht wie immer nicht, um mich mit allen unterhalten zu können.
Um Mitternacht verlassen die Letzten den Garten. Diesmal lege ich mich bei niemandem auf ein konkretes Datum für meinen nächsten Besuch in Paraguay fest, es war schwierig genug das letzte Versprechen mit dieser Reise einzuhalten.
Mir hat leider keiner der gegrillten Fische geschmeckt: weder der in Senf noch der in Dill oder der in Butter zubereitete. Den anderen hats geschmeckt und der Kartoffelsalat nach meiner Mutter Rezept war sehr schnell leer. Erst seit wenigen Jahren bekommt man hier in den Supermärkten eingelegte Gurken im Glas aus nationaler Produktion. Die Kooperative Neuland versucht sie als Sandwichgurken "getarnt" den Paraguayern mit zunehmendem Erfolg nahezulegen.

ein Gleitschirmflieger im Landeanflug
fast so frei wie der Yrybu (eine Rabenart)
Sonntag, 5.4. Um 11:15 Uhr sind wir in Paraguarí zum Gleitschirmfliegen verabredet. Julia hatte angeboten, uns dorthin und auch wieder nach Hause zu bringen und so warten wir ab 10:30 Uhr auf Sie. Nach einer telefonischen "Erinnerung" erscheint sie mit ihrem Sohn Arturo um 10:47 Uhr.
Die Zeitungen berichten von dem gestrigen Wetterereignis, stellen aber lediglich Vermutungen an: Ein Vulkanausbruch in Chile oder Aschewolken nach Brandrodungen im Chaco (nordwestliches Paraguay) könnten die Ursaches ein.
Am Startplatz angekommen unterhalte ich mich mit den anwesenden Piloten. Da einer von ihnen Deutsch spricht, weil er deutsche Großeltern hatte und ein anderer seit 20 Jahren Modellbauer ist kommt keine Langeweile auf. Wir unterhalten uns über die Fliegerei hier und in Deutschland mit manntragendem Gerät und mit Flugmodellen, während wir auf Windbedingungen warten die einen Tandemstart erlauben.
Bis zur Mittagszeit reichen die Bedingungen jedoch noch nur für Soloflüge, so daß wir uns zum Mittagessen für eine Stunde in die Frutería Paraguarí verdrücken.

Logo der Gleitschirmschule Yrybu

Gegen 16 Uhr kann Mecedes beim letzten Start des Tages glücklicherweise noch mitfliegen. Da der Wind mittlerweile abgeflaut ist wird keine große Ausgangshöhe erreicht und wegen der tief stehende Sonne ist keine Thermik mehr vorhanden weshalb der Flug nur knapp 10 Minuten dauert. Hoffentlich ergibt sich in den kommenden Tagen auch für mich noch die Gelegenheit eines Mitfluges.
Bei einem Fläschchen Bier klingt der Tag aus.

Sicht des Passagiers auf das Zugfahrzeug
Yrybu 1 an Yrybu 2: etwas mehr Gas!
Montag, 6.4. Ich bereite seit gestern abend die letzten 4 Tage textlich und fotomäßig auf. Es ist jetzt 17 Uhr und gleich probiere ich mal den Upload.
Nachtrag: 60 Minuten brauche ich für den E-Mail-Empfang und den Upload von 7 Fotos, einer Grafik und 2 HTML-Dokumenten. Die Modemverbindung ist zwar meist recht sicher und schnell (bis zu 40 Kb/s), aber irgendwo beim Provider oder danach muss ein Flaschenhals Richtung Europa sein.
Zum Tagesabschluss mache ich es mir im Garten mit dem Laptop und 2 Fläschchen Bier bequem. Ich ziehe mir die Aufzeichnung eines Open Air Konzerts von Mike Oldfield rein. Tubular Bells II, 1992 in Edinburgh.

weiblicher Soldat vor einem Regal mit vielen Landkarten
Cecel León vom Militärgeografischen Dienst ist übrigens noch ledig!
(Diensttelefonnummer liegt vor)
Dienstag, 7.4. Ganz zu Beginn dieser Reise, noch in Buenos Aires, erhielt ich die Mail eines deutschen Kartographen, der um Hilfe bei der Beschaffung von Landkarten Paraguays bat. Die gängigen Karten, auch im Internet eingestellte, entsprächen nicht seinen Vorstellungen von Genauigkeit, Fehlerfreiheit und Aussagekraft. Weil dieses Thema auch mich sehr interessiert und ich stundenlang in Landkarten versinken kann nehme ich mich dieses Themas gern an.
Zwei der Schwestern meiner Frau sind Oberschullehrerinnen und so habe ich recht schnell Schulatlanten sowie eine Sonderpublikation "Touristenführer Paraguay" mit 20 Blättern vor mir liegen. Die Atlanten sind im Informationsgehalt leider überhaupt nicht mit den unsrigen vergleichbar und für mich wertlos.
Die dritte Schwester liefert die wichtigste Information: der Nationale Militärgeographische Dienst bietet Landkarten an, auch an Privatpersonen.
Da muss ich unbedingt hin.
In Deutschland konnte ich bisher lediglich ein einziges Blatt der Region Asunción in 1:25.000 für 30 Euro bekommen; die Lieferzeit betrug damals 6 Monate.
Hier liegen jetzt physische Karten des gesamten Territoriums von Paraguay in verschiedenen Maßstäben zwischen 1:10.000 und 1:1.250.000 vor mir. Da ist einiges von Interesse für mich dabei.
In einer großen Buchhandlung, die auch Schulbücher führt, finde ich später leider gar nichts weiter Verwertbares.
So, das soll für heute reichen.

Mann schiebt gefüllte Backform in einen Steinofen
nachdem das Holz verbrannt ist, wird der Ofen gefüllt
Mittwoch, 8.4. Der Tag steht ganz im Zeichen der kommenden Feiertage. Drinnen und draußen wird alles auf Hochglanz gebracht.
Abends sind wir wieder bei Myrna und Hector zu Würstchen eingeladen.
Gegen Mitternacht setze ich einen Rekord für den Upload: 3 Fotos plus eine Grafik und ein HTML-Dokument in 6 Minuten!
Morgen früh um 8 Uhr werde ich zum Gleitschirmflug abgeholt und zu Hause bereitet die Familie im holzbefeuerten Steinofen Chipas¹, Sopa² und Hähnchen für Donnerstag und Freitag zu.

¹ keksähnliches Gebäck aus Maismehl, Käse, Ei
² herzhafter Kuchen aus Maisschrot, Zwiebeln, Käse, Ei

der Autor mit Hautabschürfungen an allen Extremitäten
das nächste mal vielleicht mit passender Kleidung versuchen?
Donnerstag, 9.4. Pünktlichkeit ist hier immer so eine Sache: aus einer (immerhin) angekündigten Verspätung von 20 Minuten wird 1 Stunde.
Aber das Wetter und die Stimmung sind gut und so bin ich frohen Mutes als ich mir das Tragegeschirr des Gleitschirms anlege.
Der Tandempilot geht mit mir nochmal die Startprozedur durch: das Schleppseil zum Zugfahrzeug wird stramm gezogen. Der Pilot entfaltet im Stand den Gleitschirm, der Fahrer des Zugfahrzeuges erkennt die korrekte Schirmöffnung und -position und fährt sachte an. Jetzt heißt es laufen, laufen, laufen. Dabei muss ich keinen Vortrieb mit meinem Laufen erzeugen, der kommt durch das vorsichtig beschleunigende Fahrzeug und das Schleppseil zustande. Meine Beine müssen lediglich mein Gewicht tragen. Der Schirm wird Auftrieb erzeugen und zuerst den Piloten etwas anheben, da dieser höher im Tragegeschirr hängt. Kurz darauf wird der Auftrieb auch für mich genügen und wir fliegen beide. Bis dahin muss ich nur laufen, laufen, laufen ...
Während ich diese Zeilen niederschreibe rufen sich meine Verletzungen kurzfristig wieder mit heftigen Schmerzen in Erinnerung.
Was war passiert?
Kurz nachdem der Pilot vom Boden freikommt dirigiert uns der Wind und ein vielleicht nicht ganz gelungenes Ausgleichsmanöver zuerst in leichtes Dornengestrüpp. Dort fällt es schwer in kurzen Hosen und ohne Socken weiterzulaufen. Augen zu und durch. Im Weiteren führt uns der Startweg direkt in einen kleinen Entwässerungsgraben neben der Piste. Zuerst stolpere ich die Böschung herunter, bleibe dann mit dem Schuh im Schlamm stecken und falle vornüber und tauche unter. Das Zugfahrzeug löst zwar sofort das Schleppseil, aber wir haben genügend Schwung für eine ordentliche Rutschpartie durch die Dornenbüsche und den schlammigen Kanal. Alle unbedeckten Körperstellen haben Schürfwunden und Prellungen. Außerdem bin ich völlig durchnässt, die Videokamera vollständig abgesoffen.
Herzlichen Dank.
Der gelungene zweite Versuch am Nachmittag entschädigte für einiges davon: da war es wieder, dieses wunderbare Gefühl im Moment des Abhebens und Fliegens. Beschreiben kann ich es nicht, daher versuche ich es auch garnicht. Es hat einen gehörigen Suchtfaktor, aber ich betreibe schon genug andere Hobbys, oder vielleicht nicht?

Freitag, 10.4. Karfreitag Heute ruht das Leben hier. Keinerlei Aktion, Fasten, Ausruhen, Fernsehen, abwarten. Ich sitze am Rechner, arbeite, spiele und sehe mir einen Film an.
Tschüss, bis morgen, dann packe ich die Koffer für den Rückflug am Sonntag um 10:50 Uhr. Mercedes bleibt noch eine Woche bis zum 80sten Geburtstag ihres Vaters, wofür mir leider kein weiterer Urlaub gewährt wurde.
Der Upload des aktuellen Tagebuchs benötigt heute nur 4 Minuten.

Werkstattraum mit Lederstücken, Schnittmustern aus Karton und Werktisch
in der Lederschneiderwerkstatt
Samstag, 11.4. Die Lederschneiderin hat nach Besichtigung ihrer Werkstatt einen Auftrag über 3 Sitzbankbezüge erhalten. Als ich an der Haltbarkeit des dünnen, geschmeidigen Leders zweifele, werde ich mit Hinweis auf die lächerliche Qualität des Originalbezuges ausgelacht.
Einer der Bezüge wird dunkelrot sein, da bin ich sehr gespannt, wie das auf der Maschine aussieht. Ihr Lederlieferant liefert angeblich Leder jeder gewünschten Farbe. Sie behält meinen Musterschnittbogen und aus Deutschland kann ich bei Bedarf später nachbestellen.
So, das Tagebuch wird an dieser Stelle vorerst geschlossen.
So langsam müssen meine Koffer gepackt und die letzten verbleibenden Mitbringsel verschenkt werden. Dann bekommt Mercedes noch eine Todo-Liste von mir und ich melde mich aus Deutschland wieder.
Ich hoffe, es war für euch einigermaßen unterhaltsam, uns zu begleiten.
Für mich sind die Wochen nur so dahingeflogen.
Tschüss, und bis demnächst.

Collage aus Eindrücken am Flughafen
muss das denn sein?
Sonntag, 11.4. Der Rückflug geht von Asunción über Ciudad del Este zunächst nach São Paulo. Wir starten um 11:40 Uhr mit einer Stunde Verspätung, was mir aber egal ist, da ich in Brasilien sowieso 5 Stunden Stopp bis zum Weiterflug nach Madrid habe. Die Bedingungen sind gut und kurz nach dem Überflug des Paraná erscheinen unter mir die Wasserfälle von Iguazú, die aus dieser Höhe gar nicht mehr wie die größten Wasserfälle der Erde aussehen.
In São Paulo das übliche Chaos: dem Flug nach Madrid wird erst zwei Stunden vor Abflug ein Gate zugewiesen, aber immerhin direkt das Richtige. Als um 19:20 Uhr die Zeit zum Einsteigen erreicht ist wird eine 30minütige Verspätung wegen technischer Probleme der Maschine angekündigt. Dann kommen nochmal 40 Minuten dazu, dann nochmal 30. Ab 21 Uhr belagern die Passagiere das Bodenpersonal, für einige sind die Anschlussflüge in Madrid am nächsten Morgen jetzt nicht mehr zu erreichen. Mir bleiben noch über 3 Stunden Reserve, ich rechne insgeheim aber schon mit dem Schlimmsten. Um 21:40 verlassen die meisten Passagiere den Bereich mit einem Transitschildchen in der Hand. Um 20:30 gab es die letzte Information per Lautsprecher, und nachdem ich ein paar Wortfetzen wie "Hydraulikleck, Werkstatt nicht für diese Reparatur ausgerüstet, Ersatzteil nicht vorrätig" aufgeschnappt habe, wende ich mich ans Personal.

Die Dame in der IBERIA-Uniform ist mittlerweile alleine und sichtlich gestresst:
"Sie sind Stefan, nicht wahr, warten Sie bitte hier."
"Ist der Flug gestrichen?"
"Nein."
"Warum soll ich hier warten?"
"Weil Sie und die 5 anderen Passagiere im Transit aus Paraguay nicht ohne meine Hilfe durch die Passkontrolle kommen."
"Wieso soll ich durch die Passkontrolle gehen?"
"Weil Sie nicht hier bleiben können."
"Ich will auch nicht hier bleiben, sondern nach Madrid, ist der Flug etwa doch gestrichen?"
"Nein, nicht gestrichen."
"Und was passiert jetzt?"
"Wir fahren ins Hotel."
"WIE BITTE, also ist der Flug doch gestrichen."
"Nein, nicht gestrichen nur verschoben."
"Auf wann?"
"Morgen."
"Wann, morgen?"
"Bis die Ersatzmaschine da ist, vielleicht mittags. Im Hotel können Sie kostenlos ein internationales Telefonat führen"

Na ja, jetzt heißt es Gepäck abholen, Bus besteigen, zum Hotel fahren, einchecken, abendessen, duschen, um 1:40 Uhr liege ich endlich im Bett. Ich bin überhaupt nicht schlecht drauf, es ist nur schade um den verschenkten Tag.

physische Landkarte mit Flugverlauf von Asunción nach Düsseldorf
Flugroute
einmal über den großen Teich bitte
(Karte: National Geophysical Data Center)
Montag, 12.4. Um 7 Uhr aufstehen, frühstücken, zum Flughafen fahren, einchecken und warten.
Um 14:30 Uhr, mit 19 Stunden Verspätung, geht es nun in Richtung Europa. Die Flugzeugbesatzung entschuldigt sich vielfach für die Unannehmlichkeiten.
Dienstag, 13.4. Um 5:30 Uhr (Ortszeit in Paraguay 23:30 Uhr) landen wir in Madrid. Anschlussflüge für einige Passagiere gibt es erst am späten Nachmittag, andere erst am nächsten Tag, meiner startet um 8:50 Uhr Richtung Düsseldorf. Ankunft zu Hause in Köln um 13 Uhr. Ein Fuß ist wieder angeschwollen.
Ich bin erstmal (fix und) fertig!
Als meine Frau eine Woche später in Asunción eincheckt erwähnt sie nach Erhalt ihrer Bordkarte beiläufig, daß sie nicht wünscht in São Paulo zu stranden, wie mir dies passierte.
Kurze Zeit darauf wird sie ausgerufen.
Am CheckIn-Schalter angekommen tauscht man ihre Bordkarte aus.
Auf dem neu zugewiesenen Sitzplatz Nummer 1b kommt sie nun recht entspannt über den Atlantik; dankeschön IBERIA.

Gehirn, Schädel und Helm mit Untertitel: zerbrechlich, stabil, stabiler. Trage dem Leben zuliebe einen Helm
Kampagne der S.E.R Seguridad en las rutas
(Sicherheit im Straßenverkehr)