Zündung

Einstiegsseite |  Westalpenfahrt |  1U6201152 |  diese Seite |  Rennleitung |  3D-Fotos 

Beschreibung der Zündanlage der XT 500 und eines einfachen Umbaus auf Transistorzündung.
Für alle Baujahre geeignet.



Seit vielen Jahren schon wollte ich etwas in dieser Richtung machen, habe es jedoch nie geschafft mal Oszilloskop und Motorrad gleichzeitig an einem Ort mit Steckdose zu haben.
Im Sommer 2003 habe ich mir endlich mal die Zeit dazu genommen und herausgekommen ist der nachfolgende Bericht.

Ich habe lange gezögert die folgene Seite hier einzustellen, weil ich nach 3 Jahren die Arbeit an dem Projekt (vorläufig ?) eingestellt habe.
Beabsichtigt war ursprünglich, dass die Unterbecherkontakte mindestens 20.000 Km nicht nachgestellt werden müssen und nochmal so lange halten. Das heißt bei mir rund 2 Jahre nicht unter den Unterbrecherkontaktdeckel schauen zu müssen. Die ganzen Gewinde halten schließlich auch nicht ewig. Außerdem sollte der Zündkerze mehr Energie, vor allem bei niedrigen Drehzahlen, zugeführt werden. Der Motor meiner XT 500 neigt gelegentlich zum "plötzlichen Kindstod™", spontanes Ausgehen im Stand. Möglicherweise liegt das daran, dass der Zündfunke recht schwach ist im Vergleich zu dem anderer Motoren.
Das erste Ziel wurde nicht erreicht: zwar zeigen die Kontakte keinen Verschleiß, doch nach längerer Standzeit (bei der vorliegenden Laufleistung etwa ab 6 Stunden) springt der Motor grundsätzlich nur auf den 2ten Tritt an und die ersten 3 Kilometer der dann folgenden Fahrt hat er ab 3500 U/min starke Zündaussetzer. Diese Symptome verstärken sich mit zunehmender Laufleistung der Kontakte.
Das zweite Ziel wurde erreicht: es kommt mehr Energie an der Zündkerze an, bei mir anhand der Messungen abgeschätzte +100%. Den Plötzlichen Kindstod™ erlebte ich während der 19.000 Testkilometer nur zweimal !
Damit die bisherige Arbeit nicht völlig vergeblich war (eingeschlossen die Erstellung dieser HTML-Dokumentation) und um Kontakt zu Gleichgesinnten zu bekommen, habe ich mich für eine Veröffentlichung entschieden.
So könnte dieses Projekt vielleicht wieder aufleben und doch noch zu einem würdigen Abschluss kommen.
Einigen Passagen machen im nachhinein einen Kommentar erforderlich.

Funktion der herkömmlichen Magnetzündanlage

Schaltbild der herkömmlichen Zündung
Schaltung der herkömmlichen Zündanlage
Bei geschlossenem Unterbrecherkontakt ist die Generatorspule für Zündenergie kurzgeschlossen.
Beide Enden der Spule liegen auf Masse.
Der rotierende Dauermagnetrotor bewirkt im Kurzschlussstromkreis einen gewissen Stromfluss.
Wenn die Unterbrecherkontakte sich öffnen, wird durch die Unterbrechung des Kurzschlussstromes in der Generatorspule eine Selbstinduktionsspannung erzeugt:
mehr als 100 Volt treiben nun einen Strom von ca. 2A durch die Primärwicklung der Zündspule.
Dieser Strom bewirkt eine große Flussänderung im Weicheisenkern der Zündspule, der in der Sekundärwicklung eine Spannung bis zu 20.000 Volt induziert.
Diese Spannung genügt, um die Gasschicht zwischen den Elektroden der Zündkerze zu ionisieren und den überschlag eines Zündfunkens zu ermöglichen.
Der Zündfunke hat eine Temperatur von ca. 800°C und kann so das verdichtete Kraftstoff-Luft-Gemisch im Zylinder entzünden.

Beim Öffnen der Unterbrecherkontakte entsteht ein Öffnungsfunke.
Die relativ hohe Spannung der Generatorspule für Zündenergie im Moment des Zündfunkens reicht aus, die Luftstrecke zwischen den sich gerade öffnenden Unterbrecherkontaktflächen zu ionisieren.
Zur Verhinderung dieses Öffnungsfunkens ist der Zündkondensator von 220 nF parallel zu den Unterbrecherkontakten geschaltet:
Sobald die Unterbrecherkontakte sich öffnen, nimmt der Kondensator Ladung auf, was die Spannung an den Kontakten soweit reduziert, dass diese die Luftstrecke nicht mehr durchschlagen kann.
Bis der Kondensator aufgeladen ist haben sich die Unterbrecherkontaktflächen schon so weit voneinander entfernt, dass kein Öffnungsfunke mehr ensteht.
(Die Bildung eines schwachen Funkens kann nicht verhindert werden, es ist immer leichtes "Kontaktfeuer" sichbar.)
Ohne diesen Kondensator würde starke Funkenerosion die Unterbrecherkontakte innerhalb kürzester Zeit unbrauchbar machen.

Zündschalter und Not-Aus-Schalter schließen bei Schalterstellung MOTORSTOP die Generatorspule für Zündenergie kurz.
Es kann solange kein Zündfunke entstehen, bis die Schalter umgelegt und die hergestellten Masseverbindungen wieder getrennt sind.

Das besondere bei Zündanlagen dieser Bauart ist, dass der Zündfunke dann erzeugt wird, wenn in der Zündspule der Stromfluss ansteigt.
Bei herkömmlichen Batteriezündanlagen ist das anders: der Zündfunke entsteht dort, wenn der Primärstrom in der Zündspule zusammenbricht.

Oszillogramm
Oszillogramm am Unterbrecher
Das Oszillogramm zeigt den Spannungsverlauf am Unterbrecherkontakt der XT 500 bei ca. 1500U/min.
Es beginnt zum Zeitpunkt an dem die Unterbrecherkontakte öffnen:
Zum Zündzeitpunkt liegt ein Spitzenwert von -130 Volt an.
Danach bleibt die Spannung noch auf einem Niveau von ca. 15 Volt, bis alle Schwingungen abgeklungen sind.
Die dann folgenden Höcker markieren die Polwechsel, an denen ca. 3A durch die Zündspule fließen.
Die Flanken sind jedoch nicht steil genug, um in ihr genügend Sekundärspannung für einen Zündfunken zu erzeugen.
Nachdem die Unterbrecherkontakte fast eine ganze Kurbelwellenumdrehung geöffnet waren, schließen sie bei dem hier eingestelltem Schließwinkel kurz vor Ende des 4ten Polwechsels.

Die erste Version der transistorisierten Zündanlage

Die Unterbrecherkontakte unterliegen durch das Kontaktfeuer einer gewissen Abnutzung, weshalb der Zündzeitpunkt regelmäßig kontrolliert und die Kontakte nach relativ kurzer Zeit ausgetauscht werden müssen.
Ziel der Transistorisierung der Zündanlage war, das Kontaktfeuer an den Unterbrecherkontakten ganz oder zumindest wesentlich zu reduzieren und die daraus resultierenden Nachteile zu vermeiden.
Die Schaltung sollte durch Einfachheit, Zuverlässigkeit und Originalität gut mit der XT 500 harmonieren und an den Komponenten der originalen Zündanlage keine Änderungen erforderlich machen. So kann der Originalzustand schnell und einfach wiederhergestellt werden und der Umbau bleibt einfach damit auch Fahrer mit 2 linken Händen in den Genuss dieser Transistorzündung kommen können.

Das erste Ergebnis der Überlegungen ist hier zu sehen:
Schaltbild der Transistorzündung
Schaltung der Transistorzündung
In der geänderten Zündanlage übernimmt ein Transistor die Aufgabe der Unterbrecherkontakte.
An ihm entsteht kein Abreissfunke und die Unterbrecherkontakte schalten nur noch den kleinen Steuerstrom für den Transistor.
Es kann hier ein NPN-Transistor in Emitterschaltung eingesetzt werden, weil im Moment des Zündfunkens die Spannung an der Generatorspule für Zündenergie und damit am Emitter stets negativ im Bezug auf Masse ist.
Das hat gleich mehrere Vorteile:
Verschiedenste Typen mit genügender Spannungsfestigkeit, integrierter Damperdiode sowie Basis-Emitter-Widerstand sind leicht und preiswert erhältlich.
Verwendung findet in meinem Prototyp ein Transistor der eigentlich für die Horizontalablenkung in Fernsehern und Monitoren verwendet wird.
Der BU 2520DX oder BU 2520DF (der BU 2520DW geht auch, hat aber kein isoliertes Gehäuse),
ist z.B. bei Reichelt ab 0,89 € oder bei Conrad Electronic für 3,04 € erhältlich. (Preise Stand Juli 2003)
Die integrierte Diode hält positive Spannung vom Emitterr fern und den Kurzschlussstrom während der positiven Halbwelle der Generatorspannung aufrecht. So kann ein Wechselstrom fließen und der Stator wird nicht langfristig durch Gleichstrom aufmagnetisiert.
Der integrierte Basis-Emitter-Widerstand sorgt für schnelles Sperren des Transistors zum Zündzeitpunkt und damit einen kräftigen Zündfunken.
Da bei geschlossenem Unterbrecherkontakt beträchtliche Ströme durch den Transistor fließen, muss dieser auf einem kleinen Kühlkörper montiert werden.
Der Steuerstrom durch die Unterbrecherkontakte liegt bei 200 mA und ist gerade genug, damit die Kontaktflächen nicht oxydieren.
Vermutlich genügen diese 200mA nicht zum Sauberhalten der Kontaktflächen.
Es ist fast kein Kontaktfeuer sichtbar und der dadurch verursachte Verschleiss der Unterbrecherkontakte minimal.

Die nachfolgenden 2 Oszillogramme zeigen Spannungsverläufe nach der Transistorisierung.

Oszillogramm
Oszillogramm an der Primärwicklung der Zündspule
Das Oszillogramm zeigt den Spannungsverlauf am Emitter (Pin 3) des Transistors.
Zum Zündzeitpunkt treiben nun 200 Volt einen Strom von 4A durch die Primärwicklung der Zündspule.
Oszillogramm
Oszillogramm am Unterbrecherkontakt
Das Oszillogramm zeigt den Spannungsverlauf am Unterbrecherkontakt.
Die Unterbrecherkontakte werden in der Abschaltfase jetzt mit über 250 Volt belastet.
Es ist minimales Kontaktfeuer sichtbar.

Diese Schaltung wurde ab Juli 2003 (Km-Stand:147250) in meiner XT 500 gefahren und 5 weitere XT 500 Fahrer testen ebenfalls seit dem Sommer 2003 diese Mimik auf Alltagstauglichkeit. Die Gesamtlaufleistung der Maschinen betrug im März 2004 24.000 Km und es waren keinerlei Probleme aufgetreten.
Jetzt im April 2006 dürfte die Gesamtlaufleistung bei über 70.000 Km liegen. In 2 Fällen gab es Probleme, die jedoch sofort nach der Installation auftraten. Im ersten Fall sind die Ursachen ungeklärt, im zweiten Fall waren gebrauchte Unterbecherkontakte das Problem.

Leute meldet euch bitte, ich würde gerne eure Erfahrungen und Daten hier gesammelt veröffentlichen, danke.

Erste Zündaussetzer kündigten bei mir nach 9000 Km langsam den Tod des BU 2520 an und machten nach weiteren 1000 Km gewisse Änderungen erforderlich.

Die erweiterte Version

Schaltbild der Transistorzündung mit Snubber
Schaltung der Transistorzündung mit Snubber
Nach Einbau eines R/C-Gliedes und einer Zenerdiode (gelb markiert) parallel zu den Kontakten (im weiteren Snubber genannt) konnte ich ab Oktober 2004 (Km-Stand 158267) erneut den Testbetrieb aufnehmen.
Der Snubber ist für diesen Anwendungsfall nach Faustformel dimensioniert und begrenzt Anstiegsgeschwindigkeit und Betrag der Spannung, die an den Kontakten anliegt zur weiteren Unterdrückung der Funkenbildung und zum Schutz des Schalttransistors. Eine solche Beschaltung findet sich oft, wenn es gilt Abreißlichtbögen an z.B. Relaiskontakten zu verhindern. Bei meinen Kontakten ist das Kontaktfeuer damit völlig unterdrückt, zumindest wie es bei Tageslicht erkennbar ist.
Die 2 zur Ergänzung gehörenden Oszillogramme:

Oszillogramm
Oszillogramm an der Primärwicklung der Zündspule
Das Oszillogramm zeigt den Spannungsverlauf am Emitter (Pin 3) des Transistors.
Hier hat sich nichts geändert.

Oszillogramm
Oszillogramm am Unterbrecherkontakt
Das Oszillogramm zeigt den Spannungsverlauf am Unterbrecherkontakt.
Es liegen jetzt zum Zündzeitpunkt nur noch -100 Volt an.
Die Kontaktflächen nehmen im Betrieb langsam eine graue Farbe an, und mir ist unklar was das ist. Vielleicht wird Material abgetragen und die dadurch rauhe Oberfläche erscheint dann grau. Auf jeden Fall habe ich die eingangs erwähnten Ausfallsymptome, die sich durch gründliches Reinigen der Kontaktflächen mit einem Lappen immer wieder für ein paar Tage beheben lassen, was aber überhaupt nicht der Sinn der Sache ist.
Den Probebetrieb habe ich dann im Januar 2006 nach einer Laufleistung von 8700 km abgebrochen.

Der unten folgende Teil gehört zur ursprünglichen Dokumentation, hat aber vorläufig nur informellen Charakter.

praktische Ausführung

ein Transistor auf Kühlblech
der Transistor mit Kühlblech
An den Transistor werden etwa 30 cm lange Kabel angelötet um ihn unter der Sitzbank platzieren zu können.
Die Lötstellen können vor dem Überzug mit Schrumpfschlauch noch lackiert werden, um die Sache gut gegen Korrosion zu schützen.
Das vom mittleren Pin kommende Kabel bekommt am Ende einen 6 mm Ringschuh und die beiden anderen Kabelenden 4 mm Rundstecker bzw. 4 mm Rundbuchse aus dem Motorradzubehörhandel (zur Polung siehe Foto und Montageskizze unten).
Abschließend wird der Transistor auf ein kleines Kühlprofil geschraubt.
Bauelemente in Harz vergossen
die praktische Ausführung des Snubbers
Der Snubber findet am ehemaligen Platz des Zündkondesators Platz.
Hier, direkt an den Kontakten, kann er seine Aufgabe am besten erfüllen.
Die 3 Bauteile sind auf ein Stück Platine gelötet und in ein Stück Aluprofil mit Epoxydharz eingegossen. Die Sache wird so sehr kompakt, gut geschützt und damit hoffentlich langlebig.

Montage

Montageskizze
Montageskizze
Zur Montage an das Motorrad wird zunächst die Sitzbank und der linke Plastikseitendeckel entfernt.

Die Schaltung wird auf den Luftfilterkasten gelegt oder daneben, parallel zum Kabelbaum plaziert. Eine Befestigung ist nicht notwendig, schadet aber auch nicht. In keinem Falle darf jedoch die Schaltung in eine Tüte o.ä. eingepackt werden, weil dann keine Luft mehr um den Kühlkörper zirkulieren kann. Der Kühlkörper darf beliebige Fahrzeugteile berühren, da er kein Potenzial führt. (verwendet man den BU 2520DW, der am Gehäuse Kollektorpotenzial führt, darf ein daran befestigter Kühlkörper allerhöchstens masseführende Teile berühren)
Der Ringschuh des schwarzen Kabels (mittlerer Transistoranschluss (Kollektor, Pin 3) wird mit der Fahrzeugmasse verbunden. Ein Massepunkt befindet sich z.B. links neben dem Luftfilterkasten. Diesen Massepunkt findet man leicht, wenn man dem Minuskabel von der Batterie aus folgt.
Nun folgt man der schwarz-weißen Leitung, die von den Unterbrecherkontakten (auf der rechten Motorseite) kommend, über den Motorblock führt um auf Höhe des Vergasers unter einer Haube aus Gummi in einer Steckverbindung zu enden.
Diese 4mm Rundsteckerverbindung wird nun getrennt und der Transistor mit seinen beiden freien Anschlüssen eingeschleift.
Der Anschluss ist durch die verwendeten Stecker und Kupplungen verpolungssicher. (Basis, Pin1 geht führt zu den Kontakten und der Emitter, Pin 3 hoch in den Kabelbaum)
Die Kabel können von oben kommend parallel zum Kabelbaum unter die Schutzhaube gezogen werden, damit alles ordentlich verlegt ist.

Jetzt werden Seitendeckel und Sitzbank wieder montiert.

Abschließend wird der Zündkondensator ausgebaut, und der Snubber installiert.
Mit angeschlossenem Kondensator springt der Motor nicht an !
Er sitzt unter dem gleichen Deckel, unter dem sich die Unterbrecherkontakte befinden.
Wenn kein Snubber benutzt wird, verschenkt man unnötig Lebensdauer der Kontakte und Zuverlässigkeit der Zündanlage.
Wer möchte, kann den Zündzeitpunkt abschließend nochmal kontrollieren. Dabei ist nichts besonderes zu beachten. Es gelten die Einstellhinweise für die Originalzündanlage.
Der Umbau ist beendet, wenn der Deckel für die Unterbrecherkontakte wieder montiert ist.

Fertig ist die transistorunterstützte Zündung !

Unterbrecherkontakte in gutem Zustand
Kontaktbild nach 5000 Km, der dunkle Bereich ist nur eine Reflexion
Die neue Zündanlage reagiert empfindlich auf Kondenswasser unter dem Deckel der Unterbrecherkontakte. Sollte der Motor mal nicht anspringen oder Aussetzer haben, dann ist zuerst hier einmmal auf Feuchtigkeit zu prüfen ! Diese kommt oft auch über den Entlüftungskanal aus dem Lichtmaschinengehäuse hierher, also auch dort mal schauen.
Um zur Fehlersuche oder im Pannenfall die Zündanlage wieder in den Originalzustand zu bringen, wird die direkte Verbindung von den Unterbrecherkontakten zum Hauptkabelbaum einfach wieder hergestellt.
Der originale Zündkondensator sollte wieder eingebaut werden, da sich sonst möglicherweise nur ein schwacher Zündfunke bildet und die Unterbrecherkontakte durch das Kontaktfeuer starkem Verschleiß unterliegen würden.